Impotenz – was steht alles dahinter?

Als erektile Dysfunktion (ED) wird das Unvermögen bezeichnet, eine für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion zu erlangen und aufrecht zu erhalten. Zweifelsohne handelt es sich hierbei um ein häufiges Problem, das aufgrund der demographischen Entwicklung in Europa und USA an Bedeutung zunehmen wird. Als wesentliche Risikofaktoren für die Entstehung einer ED gelten psychische Ursachen (Depressio, Stress…), endokrinologische Erkrankungen (Hypogonadismus, Hyperprolaktinämie…), neurologische Schäden (M. Parkinson, Trauma oder Operation im kleinen Becken…), vaskuläre Risikofaktoren (Diabetes Mellitus, Hypertonie…), Lebensstilfaktoren (Alkohol-, Nikotinabusus…), sowie beispielsweise medikamentöse Nebenwirkungen (Betablocker, Antidepressiva…).

Seit der Einführung der Phosphodiesteraseinhibitoren (PDE-5-Hemmer) rückt, ausgelöst durch deren Wirkmechanismus, die Gefäßkomponente immer stärker in den Mittelpunkt der aktuellen Forschung. Schließlich sind detaillierte Kenntnisse vaskulärer Risikofaktoren mit deren konsekutiven Folgen für die funktionelle und strukturelle Integrität des arteriellen Systems grundsätzlich von höchster Wichtigkeit, da sie neben Tumorerkrankungen hauptverantwortlich für Mortalität und Morbidität in unserer Gesellschaft sind.

Aus diesem Grund wurde die folgende Analyse von Zusammenhängen zwischen ED und vaskulären Risikofaktoren ausgearbeitet. Die vorliegenden Daten wurden im Rahmen freiwilliger Gesundenuntersuchungen der Stadt Wien in den Jahren 2000-2003 erhoben.

Neben der standardisierten Anamnese und Status-Untersuchung unter der Aufsicht eines Allgemeinmediziners wurden jeweils Blutbild und Chemie sowie EKG und Spitometrie durchgeführt. Der Erektionsstatus wurde standardisiert mittels validiertem IIEF-5 (Internationaler Index für Erektile Funktion) erhoben.

Insgesamt gelangen die Resultate von 2.869 Männern im Alter zwischen 20 und 80 Jahren für folgende 4 Fragestellungen zur Auswertung:

1) Prävalenz und Risikofaktoren der ED in Österreich

2) Zusammenhang zwischen ED und dem Risiko für koronare Herzerkrankung und cerebralen Insult

3) Vaskuläres Risikoprofil und ED bei gesunden Männern

4) Einfluß des Metabolischen Syndromes auf die ED

Ad 1)

Die Prävalenz der ED anhand der Ergebnisse von 2.869 Männern im Alter zwischen 20 und 80 Jahren (Durchschnittswerte der erhobenen Parameter siehe Tabelle 1) gemäß IIEF-5 Score betrug 32.2% (IIEF-5 Score <22). Der Anteil an milder ED betrug 23.7% (IIEF-5 Score 17-21), der von milder bis moderater ED 5.0% (IIEF-5 Score 12-16), der der moderaten ED 2.2% (IIEF-5 Score 8-11) und jener mit schwerer ED 1.3% (IIEF-5 Score 5-7).

Der relative Anteil der ED verhielt sich stabil in den Dekaden von 20 bis 50 Jahren und erhöhte sich danach auf 37,5% (51-60 Jahre) bis 71,2% (71-80 Jahre). Grundsätzlich entsprechen die vorliegenden Daten zwar keinem standardisierten epidemiologischen sampling, sind jedoch bezüglich der wesentlichen Komorbiditäten mit den Ergebnissen des Wiener Männergesunheitsberichtes vergleichbar und daher als repräsentativ zu betrachten.

Unabhängige Risikofaktoren für das Vorliegen einer ED waren Alter, geringe körperliche Aktivität (RR 1,35; 95%CI: 1.15-1.6), Stress (RR: 1.68; 95%CI: 1.43-1.98), Bluthochdruck (RR: 2.05; 95%CI: 1.61-2.6), Diabetes mellitus (RR: 3.0; 95%CI: 1.53-5.87) und Hyperlipidämie (RR: 2.29; 95%CI: 1.42-3.7) (jeweils: p<0.05).

Ad 2)

Gemäß einer Hypothese, dass Schäden im penilen arteriellen System aufgrund eines geringeren Gefäßquerschnittes früher symptomatisch werden als beispielsweise an den Koronarien oder im cerebralen System, wurde im folgenden untersucht, ob Erektionsstörungen ein erhöhtes Risiko für Herzereignisse oder Insulte widerspiegeln.

Die Risiken, innerhalb von 10 Jahren eine koronare Herzerkrankung oder einen cerebralen Insult zu erleiden wurden im Folgenden anhand der Framingham-Risikoprofile errechnet. Zur Auswertung gelangten insgesamt 2.495 Männer für das Herzrisikoprofil (Durchschnittsalter: 46,2 Jahre) und 644 Männer für das Insultprofil (Durchschnittsalter: 61,3 Jahre). Diese Einschränkung ist bedingt durch die im Framinghamalgorithmus angegebenen Alterslimits. Männer mit bereits bestehender KHK oder Insult wurden excludiert.

Männer mit moderater bis schwerer ED (IIEF-5 5-16) hatten ein um 65% erhöhtes 10-Jahresrisiko für KHK im Vergleich zu Männern ohne ED. Dieser Unterschied war bei Männern mit milder ED nicht nachzuweisen.

Bezüglich des Insultrisikos (10 Jahre) betrug die Steigerung 43% bei Männern mit moderater bis schwerer ED im Verhältnis zu Männern ohne ED. (siehe Abbildung 1).

Ad 3)

Durch den engen Zusammenhang zwischen ED und Gefäßrisikoprofil tritt die Frage zutage, ob ED auch als Indikator für bis dato für den betroffenen Patienten nicht bekannten Risiken angesehen werden kann. Diese umso mehr bei jungen Männern, da hier eine Modifikation des Lebensstils und eine Abklärung und Behandlung frühzeitig erfolgen kann. Während beispielsweise für das obig erwähnte Framingham-Risikoprofil Diabetes oder Hypertonie bereits bekannt sind, werden im folgenden ausschließlich Teilnehmer ohne Vorerkrankung und Medikation im Alter zwischen 30 und 60 Jahren analysiert (n=1.519; Durchschnittsalter: 42,9 Jahre).

Neben dem Alter waren hier erhöhte Werte für Gesamtcholesterin (p=0.05) und LDL (p=0.01) mit moderater bis schwerer ED assoziiert (IIEF-5 <12) (Abbildung 2).

Teilnehmer mit Gesamtcholesterinwerten größer 240 mg/dl hatten ein 2,7-fach (1,5-4,9) erhöhtes Risiko für ED, die entsprechende Risikoerhöhung bezüglich LDL >160 mg/dl betrug 2,6 (1,4-4,9).

Ad 4)

Eine der Grunderkrankungen mit der höchsten und steigenden Prävalenz in Europa und den USA ist das Metabolische Syndrom mit einer durchschnittlichen Häufigkeit von 30-35% in der Gesamtbevölkerung. Das MS ist hierbei bedingt durch viszeral betonte Adipositas mit konsekutiver relativer Hyperinsulinämie und Insulinresistenz. In weitere folge entstehen Diabetes, Hypertonie und Hyperlipidämie mit den bekannten Folgen in der Genese von endothelialer Dysfunktion und Atherosklerose. Es lag daher nahe, den Einfluss des MS auf die ED zu analysieren (n=2,371; Durchschnittsalter: 46,1 Jahre).

MS wurde anhand der IDF-consensus-Definition (International Diabetes Federation) aus dem Jahr 2005 kategorisiert und lag bei 33.8% der untersuchten Männer vor. MS war signifikant mit niedrigen IIEF-5 Scores korreliert, führte jedoch nur bei Männern über 50 Jahren zu einer signifikanten Erhöhung des Anteiles mit fortgeschrittener ED um 48% (p=0.01). Dieser Effekt wurde bei Männern unter 50 Jahren nicht beobachtet (Tabelle 2).

Zusammenfassung

Gemäß den vorliegenden Ergebnissen ist die erektile Dysfunktion (ED) ein häufiges Beschwerdebild in der österreichischen männlichen Bevölkerung mit deutlicher altersabhängigkeit. Als Risikofaktoren stellen sich dabei eindeutig vaskuläre Risikofaktoren (Diabetes mellitus, Hypertonie, Hyperlipidämie) als Ursache heraus. Daraus folgernd ist die ED mit anderen vaskulär bedingten Erkrankungen wie KHK oder cerebralem Insult korreliert. Aufgrund der durch unterschiedliche Gefäßdiameter bedingten Indikatortheorie ist die ED sogar als Warnsignal für potentiell lebensbedrohliche Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Insult zu sehen. Frühe Schädigungen der endothelialen Funktion durch einen gestörten Fettstoffwechsel und deren Auswirkung auf ED bei lassen sich bereits bei jungen Männern zeigen. Auch der Einfluss weit verbreiteter Erkrankungen wie dem metabolischen Syndrom ist unmittelbar mit einem erhöhten Risiko für ED verbunden. Aus der engen und vielfältigen Verbindung von ED und den Hauptaspekten unserer wesentlich durch unseren Lebensstil verursachten vaskulären Risiken sind im wesentlichen 3 Hauptgesichtspunkte abzuleiten:

1) Der ED-Patient muß grundsätzlich auch bezüglich eventuell bestehender, vor allem vaskulärer Grunderkrankungen evaluiert und beraten werden.

2) Zugrundeliegende vaskuläre Erkrankungen sind wesentlich durch unseren Lebensstil mitbedingt und daher einer Behandlung und Modifikation gut zugänglich.

3) Durch Berücksichtigung dieser Zusammenhänge ist e

veröffentlicht am 12. Juni 2011